Welchen gesetzlichen Urlaubsanspruch habe ich?

Nach dem Bundesurlaubsgesetz hat ein Arbeitnehmer Anspruch auf 24 Werktage (nicht Arbeitstage) Erholungsurlaub, also insgesamt 4 Wochen.

Diese Regelung kommt Betracht, wenn in dem Arbeitsvertrag keine Urlaubsregelung getroffen wurden und sich eine andere Regelung weder aus der in dem Betrieb üblichen Regelung noch aus  einem allgemeinverbindlichen oder vertraglich einbezogenen Tarifvertrag ergeben sollte.

In der Regel wird in einem schriftlichen Arbeitsvertrag eine konkrete Urlaubsregelung getroffen, oder es erfolgt eine Verweisung auf eine tarifvertragliche Regelung. Die Berechnung des Jahresurlaubes bereitet dann keine Schwierigkeiten.

Ist ein Regelung nicht getroffen worden, besteht ein gesetzlicher Urlaubsanspruch von 4 Wochen.

Ist mein Urlaubsanspruch im Falle der Beendigung meines Arbeitsverhältnisses abzugelten, oder verfällt mein Anspruch im Falle fortlaufender Erkrankung?

Wird das Arbeitsverhältnis beendet und konnte der Urlaub nicht mehr oder nicht mehr vollständig gewährt werden, ist der Urlaub abzugelten (Urlaubsabgeltungsanspruch).

Problematisch war der Abgeltungsanspruch, wenn der Arbeitnehmer den Urlaub in der Vergangenheit aus krankheitsbedingten Gründen nicht in Anspruch nehmen konnte. Das Bundesarbeitsgericht hat mit seinem Urteil vom 24.03.2009 eine richtungsweisende Änderung vollzogen und hat seine bisherige Rechtsprechung zur Urlaubsabgeltung aufgegeben.

Auslöser war eine Entscheidung des EuGH vom 20.01.2009. Danach ist nunmehr abweichend von der bisherigen Rechtsprechung und Auslegung zu § 7 BUrlG der gesetzliche Urlaubsanspruch von vier Wochen auch dann abzugelten, wenn der Arbeitnehmer während des gesamten Urlaubsjahres und Übertragungszeitraums krankgeschrieben war.

Gleiches soll für den Zusatzurlaub für schwerbehinderte Arbeitnehmer gelten. Arbeitnehmer haben nunmehr auch dann einen Anspruch auf Abgeltung des gesetzlichen Urlaubs, wenn der Urlaubsanspruch aufgrund krankheitsbedingter Arbeitsunfähigkeit des Arbeitnehmers bis zum Ende des Urlaubsjahres oder Übertragungszeitraums nicht erfüllt werden konnte.

Danach gilt nunmehr, dass

  • der gesetzliche Urlaubsanspruch auch für Zeiten erworben wird, in denen der Arbeitnehmer krankgeschrieben war,
  • ein im Urlaubsjahr nicht erteilter Urlaub zu späterer Zeit nachzugewähren ist
  • und ein bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses noch nicht genommener Urlaub auch dann abzugelten ist, wenn der Arbeitnehmer während des gesamten Urlaubsjahres und darüber hinaus krankgeschrieben war.

Die EG-Arbeitszeitrichtlinie erfasst nur den gesetzlichen Urlaubsanspruch und nicht den tariflichen oder einzelvertraglich vereinbarten Mehrurlaub. Insoweit bleibt es bei der bisherigen Regelung, dass dieser Urlaub nicht mehr genommen werden, wenn der Arbeitnehmer durchgängig arbeitsunfähig krank geschrieben war. Für diesen Fall ist der Urlaub auch bei Beendigung des Arbeitsverhältnissse nicht abzugelten.

Zukünftig wird auf den Urlaubsanspruch insbesondere im Fall der Beendigung des Arbeitsverhältnisses zwischen dem gesetzlichen Urlaubsanspruch (Bundesurlaubsgesetz)  und dem vertraglich vereinbarten oder tarifvertraglichen Urlaub zu differenzieren sein. Der gesetzliche Urlaubsanspruch (24 Werktage) verfällt nicht, der darüber hinausgehende Urlaubsanspruch verfällt.

Habe ich als Arbeitnehmer bei dauernder Arbeitsunfähigkeit und fortbestehendem Arbeitsverhältnis einen Anspruch auf Zahlung von Urlaubsgeld?

Aus der Richtungsänderung der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts darf nicht geschlossen werden, dass diese Gesichtspunkte auch bei einem fortbestehenden Arbeitsverhältnis anzuwenden wären. Das ist tatsächlich nicht der Fall und vom Bundesarbeitsgericht zwischenzeitlich ausdrücklich bestätigt worden.

Das Bundesarbeitsgericht hat in seinem Urteil vom 19.05.2009, Geschäftszeichen 9 AZR 477/07 entschieden, dass Arbeitnehmer zwar einen Anspruch auf Urlaubsabgeltung, wenn der Urlaubsanspruch aufgrund krankheitsbedingter Arbeitsunfähigkeit bis zum Ende des Urlaubsjahres oder Übertragungszeitraums nicht gewährt werden konnte. Das gilt aber nicht für fortbestehende Arbeitsverhältnisse. Das Bundesarbeitsgericht hat darauf abgestellt, dass nach § 7 Abs.4 BUrlG ein Abgeltungsanspruch und damit zugleich ein von der Urlaubsgewährung abhängiger Urlaubsgeldanspruch ausscheidet.

Gem. § 7 Abs.4 BurlG ist der Urlaub nur dann abzugelten ist, wenn er wegen der Beendigung des Arbeitsverhältnisses ganz oder teilweise nicht mehr gewährt werden kann. Liegen diese Voraussetzungen nicht vor, besteht im Falle der fortlaufenden Erkrankung auch kein Anspruch auf Urlaubsgeld.

Nicht anderes ergibt sich, wenn der Anspruch auf Urlaubsgeld in einem Tarifvertrag geregelt ist. Der Anspruch auf tarifliches Urlaubsgeld ist nicht unabhängig von einem etwaigen Urlaubsabgeltungsanspruch. Das tarifliche Urlaubsgeld ist i. d. R. mit der Urlaubsvergütung verknüpft (akzessorisch) und ist daher erst dann zu zahlen, wenn auch ein Anspruch auf Urlaubsvergütung fällig ist. Bei einem ungekündigten Arbeitsverhältnis entsteht im Falle der fortlaufenden Erkrankung kein Anspruch auf Urlaubsgewährung bzw. Urlaubsvergütung und damit auch kein Anspruch auf Gewährung von Urlaubsgeld.

Ist die neue Urlaubsrechtsprechung auch auf den Zusatzurlaub für Schwerbehinderter anzuwenden?

Das Bundesarbeitsgericht (Urteil vom 23.03.2010, 9 AZR 128/09) hat nunmehr klargestellt, dass die neue Rechtsprechung, wonach Arbeitnehmer auch dann einen Urlaubsabgeltungsanspruch haben, wenn sie im ganzen Urlaubsjahr und über den Übertragungszeitraum hinaus krank waren, gilt nicht nur für den gesetzlichen Mindesturlaub, sondern auch für den Zusatzurlaub schwerbehinderter Menschen. Der Anspruch auf Schwerbehindertenzusatzurlaub teilt das rechtliche Schicksal des Mindesturlaubsanspruchs Für einen über den gesetzlichen Mindesturlaub hinausgehenden tariflichen Urlaubsanspruch können die Tarifvertragsparteien allerdings bestimmen, dass eine Abgeltung ausscheidet.

Wie kann ich meine Rechte durchsetzen, wenn ich mir die Kosten einer arbeitsgerichtlichen Auseinandersetzung nicht leisten kann?

Sofern Sie nur über geringe Einkünfte verfügen, besteht für Sie die Möglichkeit, Prozesskostenhilfe zu beantragen. Die Prozesskostenhilfe bewirkt, dass Sie keine Gerichtskosten einzuzahlen haben und die Vergütung Ihres Rechtsanwaltes aus der Staatskasse entrichtet wird. Wir sind gern bereit, Sie bei Ausfüllung der Erklärung über Ihre persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse zu unterstützen.

Für die Beratung oder außergerichtliche Geltendmachung (z. B. Auskunftserteilung) kommt in Schleswig-Holstein Beratungshilfe in Betracht. Beratungshilfe erhalten Sie bei dem Amtsgericht unter Darlegung Ihrer persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse. Das Amtsgericht stellt Ihnen sodann einen Berechtigungsschein aus, mit dem Sie einen Rechtsanwalt oder Rechtsanwältin Ihrer Wahl aufsuchen können.

Die dafür vorgesehenen Antragsformulare finden Sie auf unsere Homepage mit Erläuterungen und können hier online ausgefüllt werden.

Sofern Fragen bestehen, senden Sie uns gern unverbindlich eine Nachricht.

info@kanzlei-glinde.de

Sie errreichen uns in den üblichen Bürozeiten. Geben Sie uns dazu bitte Ihre vollständigen, personenbezogen Daten auf und hinterlassen Sie uns eine Telefonnummer, unter der wir Sie gegebenenfalls vertrauensvoll zurückrufen können.