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Ehe- und Familienrecht
Versorgungsausgleich
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Versorgungsausgleich
Im Rahmen des Scheidungsverfahrens wurde seit dem 01.07.1977 der sogenannte Versorgungsausgleich eingeführt, quasi als Fortsetzung zum Zugewinnausgleich. Die in der Ehe erwirtschafteten Versorgungsanrechte sollen gerecht untereinander aufgeteilt werden. Der Versorgungsausgleich ist in der Regel Teil des Scheidungsverfahrens. Liegen die Auskünfte zur Berechnung des Versorgungsausgleiches noch nicht vollständig vor, führt dies zu einer Verzögerung der Scheidung. Eine vorherige Scheidung ist nur in bestimmten Ausnahmefällen zulässig. Seit dem 01.09.2009 ist der Versorgungsausgleich Gesetz über den Versorgungsausgleich VersAusglG) neu geregelt.
Im Versorgungsausgleich sind nunmehr die in der Ehezeit erworbenen Anteile von Anrechten (Ehezeitanteile) jeweils zur Hälfte zwischen den geschiedenen Ehegatten zu teilen.
Für welchen Zeitraum wird der Versorgungsausgleich berechnet?
Es werden nur die Versorgungen ausgeglichen, die in der Ehezeit erworben wurden. Die Ehezeit beginnt mit dem Anfang des Monats der Eheschließung und endet mit dem Ende des der Zustellung des Scheidungsantrages vorausgehenden Monats.
Welche Arten des Versorgungsausgleiches kommen in Betracht?
Alle in der Ehe begründeten oder aufrecht erhaltenen Rechte oder Anwartschaften auf eine Rente werden aufgeteilt:
Sämtliche in der Ehe begründeten oder aufrecht erhaltenen Anwartschaften (im In- oder Ausland bestehenden Anwartschaften auf Versorgungen und Ansprüche auf laufende Versorgungen), insbesondere aus der gesetzlichen Rentenversicherung und aus anderen Regelsicherungssystemen, der Beamtenversorgung oder der berufsständischen Versorgung, aus der betrieblichen Altersversorgung oder aus der privaten Alters- und Invaliditätsvorsorge.
Ein Anrecht ist gem. § 2 VersAuslG auszugleichen, sofern es
- durch Arbeit oder Vermögen geschaffen oder aufrechterhalten worden ist,
- der Absicherung im Alter oder bei Invalidität, insbesondere wegen verminderter Erwerbsfähigkeit, Berufsunfähigkeit oder Dienstunfähigkeit, dient und
- auf eine Rente gerichtet ist; ein Anrecht im Sinne des Betriebsrentengesetzes oder des Altersvorsorgeverträge-Zertifizierungsgesetzes ist unabhängig von der Leistungsform auszugleichen.
Ist der Versorgungsausgleich auch bei einer kurzen Ehe durchzuführen?
Grundsätzlich nicht, bei einer Ehezeit von bis zu drei Jahren findet ein Versorgungsausgleich nur statt, wenn ein Ehegatte dies beantragt.
Werden auch geringfügige Anwartschaften ausgeglichen?
Das Familiengericht soll beiderseitige Anrechte gleicher Art nicht ausgleichen, wenn die Differenz ihrer Ausgleichswerte gering ist, oder einzelne Anrechte mit einem geringen Ausgleichswert zugrunde liegen.
Ein Wertunterschied nach Absatz 1 oder ein Ausgleichswert nach Absatz 2 ist gering, wenn er am Ende der Ehezeit bei einem Rentenbetrag als maßgeblicher Bezugsgröße höchstens 1 Prozent, in allen anderen Fällen als Kapitalwert höchstens 120 Prozent der monatlichen Bezugsgröße nach § 18 Abs. 1 des Vierten Buches Sozialgesetzbuch beträgt.
Wir wird der Versorgungsausgleich vom Zugewinnausgleich abgegrenzt?
Zugewinn- und Versorgungsausgleich ergänzen einander. Ist kein vertraglicher Ausschluss (durch Ehevertrag) erfolgt, müssen die in der Ehezeit erworbenen Anrechte dem einen oder dem anderem Ausgleichssystem unterfallen. Ansprüche auf Kapitalleistung unterfallen dem Zugewinnausgleich. Lebensversicherungen mit Kapitalwahlrecht werden, wenn das Wahlrecht ausgeübt wurde, vom Zugewinnausgleich erfasst, anderenfalls im Versorgungsausgleich; BGH FamRZ 2003, 664. Auch Abfindungszahlungen wegen Aufgabe eines Arbeitsverhältnisses fallen nicht in den Versorgungsausgleich, sondern in den Zugewinnausgleich. Eine andere Beurteilung kann sich bei lebenslänglich gezahlten Übergangsleistungen zur Erleichterung des "Vorruhestandes" ergeben, OLG Köln, FamRZ 2002, 496. Auch geerbte oder geschenkte Versorgungen werden von dem Versorgungsausgleich nicht erfasst. Die Veräußerung einer Immobilie auf Rentenbasis (Kaufpreisverrentung) ist nicht im Versorgungsausgleichsverfahren zu berücksichtigen, sie unterliegen dem Zugewinnausgleichsverfahren, die Raten müssen ggf. kapitalisiert werden.
Kann der Versorgungsausgleich durch Vereinbarung ausgeschlossen oder eingeschränkt werden?
Mit Einführung des VersAusglG sollten Vereinbarungen über den Versorgungsausgleich möglichst zu erleichtert werden. Ehegatten können deshalb (vor Rechtskraft der Ehescheidung) eine notarielle Vereinbarung (Ehescheidungsfolgendvereinbarung/Ehevertrag) über den Versorgungsausgleich schließen. Entgegen der bis zum 01.09.2009 geltenden gesetzlichen Regelung bedarf diese Vereinbarung nicht mehr der Genehmigung durch das Familiengericht.
Die Vereinbarung über den Versorgungsausgleich muss jedoch einer Inhalts- und Ausübungskontrolle standhalten. Bestehen keine Wirksamkeits- und Durchsetzungshindernisse, ist das Familiengericht an die Vereinbarung gebunden.
Und genau an dieser Stelle liegt das Problem. Die grundsätzliche Disponibilität der Ehegatten steht außer Frage. Gleichwohl darf diese Disponibilität der Scheidungsfolgen nicht dazu führen, dass der Schutzzweck der gesetzlichen Regelungen durch vertragliche Vereinbarungen beliebig unterlaufen werden kann. Das wäre jedoch der Fall, wenn dadurch eine evident einseitige und durch die individuelle Gestaltung der ehelichen Lebensverhältnisse nicht gerechtfertigte Lastenverteilung entstünde, die hinzunehmen für den belasteten Ehegatten bei angemessener Berücksichtigung der Belange des anderen Ehegatten und seines Vertrauens in die Geltung der getroffenen Abrede bei verständiger Würdigung des Wesens der Ehe unzumutbar erscheint. Die Belastungen des einen Ehegatten wiegen dabei umso schwerer und die Belange des anderen Ehegatten bedürfen umso genauerer Prüfung, je unmittelbarer die vertragliche Abbedingung gesetzlicher Regelungen in den Kernbereich des Scheidungsfolgenrechts eingreift.
Der Bundesgerichtshof hat den Versorgungsausgleich dem Kernbereich der Scheidungsfolgen zugeordnet und ausgesprochen, dass der Versorgungsausgleich als vorweggenommener Altersunterhalt einer vertraglichen Gestaltung nur begrenzt offen steht. Die hochrangige Bedeutung des Versorgungsausgleichs innerhalb des Systems der Scheidungsfolgen rechtfertigt sich auch daraus, dass die Ansammlung von Vorsorgevermögen gerade in den Regelsicherungssystemen wirtschaftlichen Dispositionen der Ehegatten weitgehend entzogen und auch auf diese Weise sichergestellt ist, dass das gebildete Vermögen entsprechend seiner Zweckbestimmung für die Absicherung bei Alter oder Invalidität tatsächlich zur Verfügung steht. Das hat der Bundesgerichtshof in seinem Urteil vom 21. November 2012, Geschäftszeichen XII ZR 48/11) klargestellt.
Ein Ausschluss des Versorgungsausgleichs ist nach § 138 Abs. 1 BGB schon für sich genommen unwirksam, wenn er dazu führt, dass ein Ehegatte aufgrund des bereits beim Vertragsschluss geplanten (oder zu diesem Zeitpunkt schon verwirklichten) Zuschnitts der Ehe über keine hinreichende Alterssicherung verfügt und dieses Ergebnis mit dem Gebot ehelicher Solidarität schlechthin unvereinbar erscheint. Letzteres ist der Fall, wenn sich ein Ehegatte, wie schon beim Vertragsschluss geplant oder verwirklicht, der Betreuung der gemeinsamen Kinder gewidmet und deshalb auf eine versorgungsbegründende Erwerbstätigkeit in der Ehe verzichtet hat. In diesem Verzicht liegt ein Nachteil, den der Versorgungsausgleich gerade auf beide Ehegatten gleichmäßig verteilen will und der ohne Kompensation nicht einem Ehegatten allein angelastet werden kann, wenn die Ehe scheitert, BGH Urteil vom 9. Juli 2008, Geschäftszeichen XII ZR 6/07.
Mit dem Beschluss vom 29. Januar 2014 - XII ZB 303/13 hat der Bundesgerichtshof klargestellt, dass auch ein vollständiger Ausschluss des Versorgungsausgleichs auch bei einer Alleinverdienerehe der ehevertraglichen Wirksamkeitskontrolle standhalten kann, wenn die wirtschaftlich nachteiligen Folgen dieser Regelung für den belasteten Ehegatten durch Kompensationsleistungen (z.B. Finanzierung einer privaten Kapitalversicherung; Übertragung einer Immobilie) ausreichend abgemildert werden.
Nach diesen Maßstäben ist es für einen Ausschluss und auch einen teilweisen Ausschluss des Versorgungsausgleiches zwingend erforderlich, unter Berücksichtigung aller Umstände eine Kompensation vorzunehmen. Das bedarf sorgfältiger Abwägung. Anderenfalls hält die Vereinbarung einer Inhaltskontrolle bzw. Ausübungskontrolle nicht stand. Der Versorgungsausgleich wäre in diesem Fall nicht ausgeschlossen und müsste von dem Familiengericht durchgeführt werden.
Kann in bestimmten Fällen eine Beschränkung oder ein Wegfall des Ausgleichsanspruches in Betracht kommen?
Nach § 27 VersAusglG findet ein Versorgungsausgleich ausnahmsweise nicht statt, soweit er grob unbillig wäre. Dies ist nur der Fall, wenn die gesamten Umstände des Einzelfalls es rechtfertigen, von der Halbteilung abzuweichen. Insoweit kann auf die vorangegangen bis zum 01.09.2009 geltende gesetzliche Regelung und die dazu ergangene Rechtsprechung zurückgegriffen werden.
Eine unbillige Härte liegt vor, wenn eine rein schematische Durchführung des Versorgungsausgleichs unter den besonderen Gegebenheiten des konkreten Falles dem Grundgedanken des Versorgungsausgleichs, nämlich eine dauerhaft gleichmäßige Teilhabe beider Ehegatten an den in der Ehezeit insgesamt erworbenen Versorgungsanrechten zu gewährleisten, in unerträglicher Weise widersprechen würde., vgl. BGH FamRZ 2005, 1238. Ob und inwieweit die Durchführung des Versorgungsausgleichs danach grob unbillig ist, hängt von den gesamten Umständen des Einzelfalles ab, z. B:
- ungewöhnlich lange Trennungszeit
Da die während des Getrenntlebens erworbenen Anwartschaften auch für diesen Zeitraum dem Versorgungsausgleich unterliegen, besteht Anlass zur Prüfung der groben Unbilligkeit. Das Saarländisches Oberlandesgericht hat am 19.03.2008 (Aktenzeichen: 9 UF 123/07) entschieden, dass bei einer Ehezeit von nicht ganz 23 Jahren und einer zum Ehezeitende bereits knapp über 11 Jahre andauernden Trennung der Parteien eine Anwendung der Härteklausel allein schon im Hinblick auf die Länge der Trennungszeit in Betracht kommt. Das Oberlandesgericht hat darauf abgestellt, dass die eheliche Lebensgemeinschaft durch die Trennung aufgehoben worden und die für den Versorgungsausgleich rechtfertigende Grundlage entfallen ist.
- asymmetrische bzw. phasenverschobenen Ehe
Eine grob unbillige Inanspruchnahme kann sich auch bei einer asymmetrischen, phasenverschobenen Ehe ergeben; BGH FamRZ 2004, 1181.
- Eheliches Fehlverhalten
Eheliches Fehlverhalten kann zu berücksichtigen sein, es müsste jedoch wegen der Auswirkungen auf den loyalen Ehegatten ganz besonders ins Gewicht fallen; BHG FamRZ 2005, 2052. Das ist beispielsweise der Fall, wenn es sich über einen lang andauernden Zeitpunkt erstreckt hat. Der Vorwurf des Ehebruches ist für sich genommen nicht ausreichend. Persönliche Übergriffe und verbale Ausfälle rechtfertigen vom Grundsatz eine Herabsetzung des Ausgleichsanspruches nicht, es sei denn sie sind unter besonders kränkenden Begleitumständen erfolgt.Ein Versorgungsausgleich ist jedoch grob unbillig, wenn sich der ausgleichsberechtigte Ehemann vorsätzlich und schuldhaft wiederholter und erheblicher Straftaten (zwei Körperverletzungen und eine Bedrohung) gegen die ausgleichspflichtige Ehefrau schuldig gemacht hat und deshalb zu 8 Monaten Haft verurteilt worden ist. Ein solches Verhalten geht über allgemeine "tätliche Angriffe und Beleidigungen im Rahmen einer krisenhaften Entwicklung" deutlich hinaus, OLG Celle, FuR 2007, 542.
- untergeschobene Kinder
Das Oberlandesgericht Hamm hat am 14.12.2007 (Aktenzeichen: 10 UF 177/07) entschieden, dass ein Ausschluss des Versorgungsausgleichs gerechtfertigt sein kann, wenn die Ausgleichsberechtigte dem Ausgleichspflichtigen drei während der Ehe geborene Kinder "untergeschoben" hat.
- Kindererziehungszeiten
Der Umstand, dass sich die Ausgleichspflicht eines Ehegatten im Wesentlichen aus Anwartschaften ergibt, die auf Kindererziehungszeiten beruhen, ist für sich allein gesehen kein Grund für einen Ausschluss des Versorgungsausgleichs, BGH FuR 2007, 565-566.
- Erstattung von Beträgen aus der Rentenversicherung
Sind einem Ehegatten nach durchgeführtem Versorgungsausgleich vom Rentenversicherungsträger freiwillig entrichtete Beiträge zurückerstattet worden, kommt nach einer Entscheidung des Oberlandesgerichtes Bamberg (NJW-RR 2007, 1157) eine Erhöhung des Ausgleichsanspruchs durch Übertragung höherer Rentenanrechte wegen grober Unbilligkeit nicht in Betracht, wenn für das Rückerstattungsbegehren kein nachvollziehbarer Grund ersichtlich ist und demnach als alleiniges Motiv für die Reduzierung der Anwartschaften des anderen Ehegatten nur die Erhöhung des eigenen Ausgleichsanspruchs in Betracht kommt. Dies führt zu einer ungleichen Besserstellung und ist daher unzulässig. NJW-RR 2007, 1157.
- Doppelverwertung
In allen Fällen ist zu berücksichtigen, dass eine Doppelverwertung unzulässig ist. Derartige Gesichtspunkte prüft der Rententräger nicht. Auch der Familienrichter muss nicht von sich aus nach derartigen Gründen forschen. Die Gründe sind ausdrücklich geltend zu machen. Hat sich ein Ehegatte z. B. bereit erklärt, die hoffnungslos überschuldete Immobilie fortzuführen, um den anderen Ehegatten von "Ausgleichsansprüchen" Dritter freizuhalten und sind Direktversicherungen in die Finanzierung eingebunden, ergäbe sich eine doppelte Belastung, die einer gerechten Verteilung entgegen stünde.
Wie kann das Ehescheidungsverfahren beschleunigt werden?
Die Dauer des Ehescheidungsverfahren hängt wesentlich von der Bereitschaft der Ehegatten ab, die erforderlichen Auskünfte zur Berechnungen der Versorgungsanwartschaften so schnell wie möglich zu erteilen. Dafür ist ein entsprechendes Formular vorgesehen, welches Sie bei uns auch in digitaler Form erhalten können.